logo mobil

Jetzt anrufen unter

0931 32 10 10

Abmahnung im Arbeitsrecht

Eine Abmahnung im arbeitsrechtlichen Sinn ist die vom Arbeitgeber gerügte Verletzung von arbeitsvertraglichen Pflichten durch den Arbeitnehmer unter Hinweis auf Konsequenzen für den Wiederholungsfall – regelmäßig die Androhung einer Kündigung.

Ein objektiver Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten ist für eine solche Verletzung ausreichend. Mit der Abmahnung ist der Arbeitnehmer gleichzeitig aufzufordern, sich in Zukunft vertragsgetreu zu verhalten.

Die Abmahnung ist regelmäßig Wirksamkeitsvoraussetzung für eine auf ein (erneutes) vertragswidriges Verhalten gestützte Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Sie ist ausnahmsweise entbehrlich, wenn sie keinen Erfolg verspricht. Dies kann bei hartnäckigen oder uneinsichtigen bewussten Vertragsverletzungen des Arbeitnehmers der Fall sein oder aber auch bei sehr schwerwiegenden Vertragsverstößen. Bei gleichartigen Wiederholungsfällen ist – in Abhängigkeit des Einzelfalls – eine erneute Abmahnung ebenfalls entbehrlich. Die Abmahnung kann grundsätzlich auch mündlich ausgesprochen werden und von jedem erfolgen, der dem Betroffenen gegenüber weisungsbefugt ist.

Wenn eine Abmahnung vom Arbeitgeber rechtswidrig ausgesprochen wurde, sie z. B. falsche Tatsachenbehauptungen enthält, die den Arbeitnehmer in seiner Rechtsstellung und seinem beruflichen Fortkommen beeinträchtigen können oder die Abmahnung inhaltlich zu unbestimmt ist, hat der Arbeitnehmer einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Rücknahme des gesamten Abmahnschreibens sowie auf Entfernung des Abmahnschreibens aus seiner Personalakte. Gleiches gilt, wenn der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt ist oder mit der Abmahnung gleichzeitig in einem Abmahnschreiben mehrere arbeitsvertragliche Verstöße insgesamt abgemahnt werden sollen, von denen mindestens einer unzutreffend ist.

Nachfolgend finden Sie die wichtigsten Fragen und Antworten zu Abmahnungen im Arbeitsrecht:

Eine Abmahnung ist der Ausdruck der Missbilligung eines Verhaltens unter Androhung der Kündigung des Arbeitsverhältnisses, soweit das kritisierte Verhalten zukünftig nicht geändert wird.

 

Da im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses die Rechte und Pflichten nicht nur der Arbeitnehmer, sondern auch den Arbeitgeber treffen, ist es grundsätzlich auch möglich, dass der Arbeitnehmer den Arbeitgeber abmahnt. In der Regel erfolgt die Abmahnung jedoch im umgekehrten Verhältnis.

 

Die Abmahnung ist abzugrenzen von Ratschlag, Belehrung, Ermahnung, Verwarnung, Verweis und Betriebsbuße. Allen ist gemeinsam, dass ein bestimmtes Verhalten missbilligt wird, im Gegensatz zur Abmahnung jedoch keine Kündigungsandrohung enthalten ist.

Die Abmahnung hat ihre Rechtsgrundlage im arbeitsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Da sich bei der Kündigung um das letzte Mittel handelt, ist bei verhaltensbedingten Kündigungen zunächst eine Abmahnung auszusprechen. Das Fehlverhalten muss jedoch ein gewisses Gewicht erreichen.

 

Gesetzlich geregelt ist die Abmahnung für die verhaltensbedingte außerordentliche Kündigung in § 314 Abs. 2 BGB. Der dahinter stehende Rechtsgedanke ist auch auf die ordentliche Kündigung übertragbar.

Im Wesentlichen dient die Abmahnung dazu, den Arbeitnehmer auf ein arbeitsvertragswidriges Verhalten hinzuweisen, dieses zu rügen und zu einem künftig vertragsgemäßen Verhalten aufzufordern (Hinweis-/Rügefunktion).

 

Gleichzeitig wird der Arbeitgeber durch die Abmahnung gewarnt, da ihm für den Fall der Wiederholung des Fehlverhaltens aufgezeigt wird, dass er mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen, die den Bestand des Arbeitsverhältnisses betreffen, rechnen muss (Warnfunktion).

 

Da der Arbeitgeber gehalten ist, das abzumahnende Verhalten genau zu bezeichnen, kommt der Abmahnung auch eine Dokumentationsfunktion zu.

In der Abmahnung ist das zu beanstandende Verhalten genau und zweifelsfrei zu bezeichnen (was hat sich wann, wie und wo ereignet). Der Arbeitnehmer muss das Fehlverhalten ohne weiteres erkennen können, damit er sich zukünftig vertragsgerecht verhalten kann.

 

Nicht ausreichend sind pauschal gehaltene Angaben und Ausführungen wie z.B. Störung des Betriebsfriedens, mangelnde Arbeitsleistung, inakzeptables Verhalten, Unzuverlässigkeit etc. In diesen Fällen ist eine Abmahnung unwirksam.

 

Der Arbeitgeber muss zudem den Arbeitnehmer deutlich und ernsthaft ermahnen und ihn auffordern, das konkret dargelegte Fehlverhalten zukünftig zu ändern bzw. einzustellen und ihm deutlich machen, dass bei einem wiederholten Vertragsverstoß der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist. Für den Arbeitnehmer muss klar erkennbar sein, dass auf ein weiteres Fehlverhalten der Ausspruch der Kündigung folgt.

 

Abgemahnt werden kann nur ein arbeitsvertragswidriges Verhalten. Eine Abmahnung wegen der Wahrnehmung und Ausübung von Rechten ist unwirksam.

Grundsätzlich kann eine Abmahnung formfrei erfolgen, sodass sie auch mündlich ausgesprochen werden kann. Gleichwohl sollte die Abmahnung aus Beweisgründen stets schriftlich erfolgen.

 

Zur Abmahnung berechtigt ist eine gegenüber dem Arbeitnehmer weisungsbefugte Person, in der Regel der fachlich und disziplinarisch Vorgesetzte. Eine vorherige Anhörung des Arbeitnehmers ist nicht zwingend vorgesehen, bietet sich jedoch an.

 

Hat sich ein Arbeitnehmer mehrfach vertragswidrig verhalten, sollte jeder Verstoß gesondert in einem separaten Schreiben abgemahnt werden. Dies resultiert daher, dass die gesamte Abmahnung unwirksam ist, wenn nur eine Teilabmahnung fehlerhaft ist. Bei separaten Schreiben hängt die Wirksamkeit der einzelnen Abmahnungen nicht voneinander ab.

 

Ein etwaig vorhandener Betriebsrat ist vor Ausspruch einer Abmahnung nicht zu beteiligen.

Beim Ausspruch einer Abmahnung sind grundsätzlich keine Fristen zu beachten. Auch Vorfälle, die bereits einige Zeit zurückliegen, können zum Gegenstand einer Abmahnung gemacht werden. Gleichwohl ist zu empfehlen, dass eine Abmahnung im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem zu missbilligenden arbeitsvertragswidrigen Verhalten ausgesprochen wird.

 

Völlig ohne zeitliche Befristung kann eine Abmahnung jedoch auch nicht ausgesprochen werden. Das Recht, ein Fehlverhalten abzumahnen, kann verwirkt werden. Dies setzt voraus, dass seit dem zu missbilligenden Verhalten ein langer Zeitraum verstrichen ist und weitere Umstände hinzukommen, aus denen der Arbeitnehmer schließen kann, dass keine Abmahnung ausgesprochen werde. Starre zeitliche Grenzen gibt es jedoch nicht. Entscheidend ist vielmehr der Einzelfall.

Die Abmahnung stellt die Vorstufe zur Kündigung dar. Wurde ein Arbeitnehmer wegen eines Fehlverhaltens bereits abgemahnt, kann bei einem weiteren, gleichartigen arbeitsvertragswidrigen Verhalten eine verhaltensbedingte Kündigung begründet sein. Der Arbeitgeber kann eine Kündigung jedoch nicht auf den Sachverhalt stützen, den er bereits ausdrücklich abgemahnt hat. Durch den Ausspruch der Abmahnung ist der Sachverhalt „verbraucht“, für eine Kündigung bedarf es eines neuen Fehlverhaltens.

 

Das abgemahnte Fehlverhalten und der Kündigungsgrund müssen gleichartig sein, ein innerer Zusammenhang ist erforderlich.

Es existieren keine exakten Vorgaben, wie oft ein Arbeitnehmer vor Ausspruch einer Kündigung abgemahnt werden muss. Entscheidend ist der Einzelfall. In Abhängigkeit der Schwere des Verstoßes kann unter Umständen bereits eine einschlägige Abmahnung ausreichen, bevor die Kündigung ausgesprochen wird. Bei weniger gravierenden Verstößen kann der Arbeitgeber unter Umständen gehalten sein, den Arbeitnehmer vor Ausspruch der Kündigung mehrfach abzumahnen. Berücksichtigt werden muss stets, wie lange der bereits abgemahnte Vorfall zurückliegt.

Hat ein abgemahnter Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum hinweg seine arbeitsvertraglichen Pflichten ordnungsgemäß erfüllt, verliert eine Abmahnung, die im Zeitpunkt ihres Ausspruchs berechtigt war, ihre Wirkung. Für den Zeitraum der Wirkungsdauer einer Abmahnung gibt es keine festen Grenzen. Auch hier ist der Einzelfall entscheidend, sodass eine Abmahnung über einen Zeitraum von einigen Monaten bis hin zu mehreren Jahren „wirken“ kann.

 

Zu beachten ist jedoch, dass vor Ausspruch einer Kündigung ein Fehlverhalten nicht zu oft abgemahnt werden sollte. Durch zu häufige Abmahnungen schwächt der Arbeitgeber die Wirkung der einzelnen Abmahnungen. Entscheidet sich ein Arbeitgeber, ein vertragswidriges Verhalten eines Arbeitnehmers abzumahnen, sollte er bei einem gleichartigen Fehlverhalten schnell handeln und die Kündigung aussprechen.

Eine ausgesprochene Abmahnung ist in die Personalakte des betroffenen Arbeitnehmers aufzunehmen. Eine etwaige Gegendarstellung des Arbeitnehmers ist ebenfalls zur Personalakte zu nehmen.

Hinsichtlich der Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte ist zwischen einer rechtswidrigen und einer rechtmäßigen Abmahnung zu unterscheiden. Eine Abmahnung, die inhaltlich unbestimmt ist, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält oder das angemahnte Verhalten des Arbeitnehmers rechtlich unzutreffend bewertet, ist rechtswidrig. Eine solche Abmahnung ist unverzüglich aus der Personalakte zu entfernen.

 

Wann eine rechtmäßige Abmahnung aus der Personalakte entfernt werden muss, hängt nach der Rechtsprechung des BAG vom Einzelfall ab. Starre Fristen für die Entfernung existieren nicht. Entscheidend ist vielmehr, ob der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an der Dokumentation des arbeitsvertragswidrigen Verhaltens hat. Dies soll dann der Fall sein, wenn es um die Beurteilung der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung oder um die Entscheidung über eine Beförderung oder Versetzung geht. Der Arbeitnehmer kann daher eine Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte nur verlangen, wenn das missbilligte Verhalten für das Arbeitsverhältnis in jeder Hinsicht ohne Bedeutung geworden ist. Hierbei sind unter anderem die Schwere des Verstoßes und die vergangene Zeit zu berücksichtigen.

Bei Kündigungen wegen Pflichtverletzungen im Verhaltens- oder Leistungsbereich ist eine vergebliche Abmahnung eine Wirksamkeitsvoraussetzung. Dies gilt, soweit der Vertrauensbereich berührt ist, es sich um ein steuerbares Verhalten des Arbeitnehmers handelt und die Wiederherstellung des Vertrauens erwartet werden kann. Nur in Ausnahmefällen ist eine vorherige Abmahnung entbehrlich.

 

Grundsätzlich ist eine Abmahnung in folgenden Beispielsfällen erforderlich:

  • unerlaubte Nebentätigkeit
  • unentschuldigtes Fehlen
  • wiederholte Unpünktlichkeit
  • unerlaubtes Verlassen des Arbeitsplatzes
  • Erledigung privater Angelegenheiten während der Arbeitszeit
  • nicht oder nicht rechtzeitige Anzeige bzw. Nachweis der Arbeitsunfähigkeit
  • Führen privater Telefonate/private Internetnutzung während Arbeitszeit, soweit dies in eingeschränktem Umfang geduldet wurde
  • Verstoß gegen betriebliches Rauch-/Alkoholverbot
  • „Bagatellverstöße“

 

Entbehrlich ist eine Abmahnung hingegen in folgenden Beispielsfällen:

  • der Arbeitnehmer ist erkennbar nicht willens, sich vertragstreu zu verhalten
  • die Abmahnung verspricht keinen Erfolg
  • bei besonders schwerwiegenden Pflichtverletzungen, deren Rechtswidrigkeit für den Arbeitnehmer ohne weiteres erkennbar war und deren Hinnahme durch den Arbeitgeber ausgeschlossen ist (z.B. eigenmächtiger Urlaubsantritt trotz Hinweis des Arbeitgebers auf arbeitsrechtliche Konsequenzen)
  • wenn unmittelbar der Vertrauensbereich betroffen ist (Straftaten wie Diebstahl, Betrug, Unterschlagung oder Tätlichkeiten gegenüber oder grobe Beleidigung von Vorgesetzten bzw. des Arbeitgebers, die Ausübung eine Konkurrenztätigkeit, der Fahrrad von Betriebsgeheimnissen, die Ankündigung einer Erkrankung etc.)
  • bei fortgesetzter uneinsichtiger Pflichtverletzung in Kenntnis der Vertragswidrigkeit des Verhaltens
  • bei einer ordentlichen, fristgemäßen Kündigung, soweit noch kein Kündigungsschutz besteht

Der Arbeitnehmer ist nicht gehalten, gegen die Abmahnung vorzugehen. Er kann die Abmahnung akzeptieren und erleidet keine Nachteile, außer dass bei einem gleichartigen weiteren Verstoß eine Kündigung droht. Insbesondere ist mit der Hinnahme der Abmahnung kein Anerkenntnis verbunden.

 

Sofern der Arbeitnehmer mit der Abmahnung nicht einverstanden ist, sollte er eine schriftliche Gegendarstellung fertigen und dem Arbeitgeber zukommen lassen. Beide Dokumente sind dann zusammen zur Personalakte zu nehmen.

 

Darüber hinaus steht dem Arbeitnehmer die Möglichkeit offen, die Wirksamkeit einer Abmahnung im Rahmen einer gerichtlichen Klage auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte überprüfen zu lassen. Im Rahmen eines solchen Klageverfahrens wird vom Gericht überprüft, ob der Sachverhalt, auf den die Abmahnung gestützt wird, ein tauglicher Abmahnungsgegenstand sein kann. Weiter wird geprüft, ob die Abmahnung inhaltlich bestimmt genug ist.

 

Die Wirksamkeit einer Abmahnung kann nicht nur durch eine isolierte Klage überprüft werden, sondern auch im Rahmen einer Kündigungsschutzklage, mit der die Kündigung, die sich auf ein bereits abgemahntes, gleichartiges Fehlverhalten stützt, angegriffen wird.

Ihre Anwälte für Arbeitsrecht​

Dieter Gräf - Fachanwalt für Arbeitsrecht

Dieter Gräf

Fachanwalt für
Arbeitsrecht

Moritz Schulte - Fachanwalt für Arbeitsrecht

Moritz Schulte

Fachanwalt für
Arbeitsrecht

martin-hentschel-m

Martin Hentschel

Fachanwalt für
Arbeitsrecht