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Das Hinweis­geber­schutz­gesetz (HinSchG)

Der Bundestag hat am 29.09.2022 unter anderem erstmals über den Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) beraten.

Hiernach sollen künftig sog. Hinweisgeber („Whistleblower“) im beruflichen Umfeld besser geschützt werden. Hinweisgeber ist derjenige, der auf Missstände in einem Unternehmen oder in einer Behörde hinweist. Dies können beispielsweise Verstöße gegen das Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht, wie z.B. Korruption, Insiderhandel oder Datenmissbrauch, sein. Der Gesetzesentwurf kann auf der Internetpräsenz des Bundesministeriums für Justiz abgerufen werden.

Inhalt des Gesetzes

Der Gesetzesentwurf umfasst zahlreiche Regelungen zum Schutz von Hinweisgebern sowie von Personen, die Gegenstand einer Meldung sind, und sonstigen Personen, die von einer Meldung betroffen sein können:

  • Unternehmen und Organisationen ab 50 Beschäftigten sind verpflichtet, interne Hinweisgebersysteme („interne Meldestellen“) einzurichten. Kleineren Unternehmen mit mehr als 50 und weniger als 250 Beschäftigten soll für die Einrichtung des Hinweisgebersystems eine Übergangsfrist bis 17.12.2023 eingeräumt werden.
  • Die interne Meldeeinrichtung muss es ermöglichen, Hinweise mündlich, schriftlich oder auf Wunsch auch persönlich abzugeben.
  • Eine Verpflichtung, die Meldekanäle so zu gestalten, dass auch anonyme Meldungen möglich sind, besteht nicht.

Nach Eingang einer internen Meldung ist ein striktes Verfahren vorgegeben:

  • Innerhalb von 7 Tagen ist dem Hinweisgeber der Meldungseingang durch die interne Meldestelle zu betätigen.
  • Anschließend ist die eingegangene Meldung auf Stichhaltigkeit zu prüfen, wobei mit dem Hinweisgeber Kontakt zu halten ist. Erforderlichenfalls sind daraufhin Folgemaßnahmen zu treffen.
  • 3 Monate nach Eingangsbestätigung der Meldung muss die Meldestelle den Hinweisgeber über ergriffene Maßnahmen informieren.

Parallel zum internen Hinweisgebersystem ist die Einrichtung einer gleichwertigen externen Meldestelle beim Bundesamt für Justiz vorgesehen. Den Bundesländern steht es offen, eigene Meldestellen einzurichten. Hinweisgeber können entscheiden, ob sie eine Meldung an die interne Meldestelle abgeben oder die externe Meldestelle nutzen möchten.

Hintergrund des Gesetzes

Dem Gesetzesentwurf vorausgegangen war die EU-Richtlinie 2019/1937 („Whistleblower- Richtlinie“ – WBLR), welche von den Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgesetzt werden muss. Diese Richtlinie soll Hinweisgeber unter anderem besser vor Kündigungen, Abmahnungen, Beförderungserschwernissen schützen, da Hinweisgeber einen wichtigen Beitrag zur Aufdeckung und Ahndung von Missständen leisten können. Bekannte Beispiele für sog. „Whistleblower“ sind unter anderem Edward Snowden (Überwachungspraktiken der NSA, etc.) sowie Frances Haugen (Facebook), die jeweils schwerwiegende Vorwürfe gegen ihren ehemaligen Arbeitgeber erhoben hatten. Hinweisgebern, die es Snowden oder Haugen gleichtun möchten, soll in Zukunft die Möglichkeit geboten werden, auf etwaige Missstände aufmerksam zu machen, ohne dafür Repressalien in Kauf nehmen zu müssen. Weiterhin soll aufgrund der aktuell unübersichtlichen Rechtslage/Rechtsfolgen zukünftig für Hinweisgeber Rechtssicherheit bei der Meldung von Verstößen geschaffen werden.

Bedeutung für die Praxis

Für Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern formuliert das künftige HinSchG die Verpflichtung, zeitnah eine interne Meldestelle einzurichten bzw., soweit bereits vorhanden, diese an die gesetzlichen Erfordernisse anzupassen. Es ist davon auszugehen, dass das Gesetz noch dieses Jahr verabschiedet werden wird, wobei es für Unternehmen mit über 250 Mitarbeitern bereits 3 Monate nach Verkündung in Kraft treten soll. Unternehmen, die zwischen 50 und 249 Arbeitnehmer beschäftigen, soll, wie bereits ausgeführt, eine Schonfrist bis zum 17.12.2023 gewährt werden. Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern sollten sich daher zeitnah mit den Erfordernissen, die das HinSchG vorsieht, befassen. Dies insbesondere, um die Einrichtung der erforderlichen Meldestelle sicherzustellen.

Für Unternehmen kann die gesetzkonforme Umsetzung des HinSchG durchaus auch gewinnbringend sein. Möglicherweise können hierdurch beispielsweise Haftungsrisiken des Unternehmens frühzeitig abgewendet bzw. minimiert und öffentliche Skandale vermieden werden. Eine offen kommunizierte Kritikkultur wäre möglicherweise auch dem Zusammenhalt im Unternehmen zuträglich.

Bußgeld

Nicht zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass das HinSchG bereits ein Bußgeld von bis zu 20.000,00 € für den Fall vorsieht, dass ein internes Meldesystem nicht eingerichtet oder nicht betrieben wird. Bis zu 100.000,00 € Bußgeld drohen demjenigen, der eine Meldung oder die darauffolgende Kommunikation verhindert oder versucht, diese zu verhindern. Im Rahmen der Anwendung des OWiG, auf welche der Regierungsentwurf verweist, besteht zudem bei schwerwiegenden Verstößen die Möglichkeit, den Bußgeldrahmen zu verzehnfachen, was im Einzelfall dann also ein Bußgeld von bis zu 1.000.000,00 € nach sich ziehen könnte.

Wir bleiben für Sie auch in dieser Sache weiter am Ball. Für weitergehende Informationen zum Hinweisgeberschutzgesetz stehen wir, die Rechtsanwälte Wagner + Gräf, Ihnen gerne zur Verfügung.

Dieter Gräf
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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