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Schriftform Arbeitsrecht

Die Schriftform im Arbeitsrecht – Geplante Neuerungen

Das deutsche Arbeitsrecht sieht für die Wirksamkeit von Erklärungen und Verträgen vielfach noch die strikte Einhaltung der Schriftform vor. Was genau bedeutet Schriftform? Erstreckt sich die Schriftform auf sämtliche arbeitsrechtlichen Verträge und Erklärungen? Und kann die elektronische Form möglicherweise die konventionelle Schriftform ersetzen?

Prinzipiell herrscht im deutschen Recht der Grundsatz der Formfreiheit. Für gewisse Verträge oder rechtliche Handlungen wird also keine bestimmte Form verlangt, damit diese aus juristischer Sicht Gültigkeit erlangen. Verträge können beispielsweise mündlich, schriftlich oder konkludent, also durch schlüssiges Verhalten, geschlossen werden. Das Erfordernis zur schriftlichen Abfassung und Unterzeichnung eines Vertrags besteht lediglich dann, wenn dies durch das Gesetz vorgeschrieben ist oder die beteiligten Parteien sich auf die Einhaltung der Schriftform als Wirksamkeitserfordernis geeinigt haben.

Vorgesehene Neuerungen

Im Rahmen der zunehmenden Digitalisierung hat nun auch das Bundeskabinett am 30.08.2023 Eckpunkte für ein Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) beschlossen. Dieses Gesetz soll sich auch auf bisher gültige arbeitsrechtliche, im Wesentlichen das Schriftformerfordernis betreffende Regelungen erstrecken. In diesem Zusammenhang ist geplant, voraussichtlich insbesondere folgende Neuerungen einzuführen:

  • Statt der aktuell im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) noch für viele Fälle vorgesehenen Schriftform soll zukünftig die elektronische Form zur Regel werden. Viele Schriftformerfordernisse sollen also aufgehoben werden. Im Arbeitsrecht könnte dies beispielsweise insbesondere Kündigungen und Aufhebungsverträge, die zu ihrer Wirksamkeit aktuell noch zwingend der Schriftform (eigenhändige Unterschrift) bedürfen, betreffen.
  • Das seit 01.08.2022 geltende Nachweisgesetz (NachwG) soll bereits wieder geändert werden. Ein schriftlicher Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen soll entfallen, soweit ein Arbeitsvertrag in einer die Schriftform ersetzenden gesetzlichen elektronischen Form geschlossen wurde. Gleiches soll für in elektronischer Form geschlossene Änderungsverträge gelten.
  • Zukünftig sollen auch Arbeitszeugnisse, für die bislang das Schriftformerfordernis gilt, wirksam in elektronischer Form ausgestellt werden können.
  • Gesetzliche Aushangpflichten (Arbeitszeitgesetz (ArbZG) und Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG), etc.) sollen durch im Betrieb übliche Informations- und Kommunikationstechnik (Intranet, etc.) wirksam möglich sein.
  • Schriftformerfordernisse im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) für Anträge auf Verringerung der Arbeitszeit bzw. ihre Ablehnung sowie die Geltendmachung des Anspruchs auf Elternzeit sollen entfallen. Sie sollen zukünftig in Textform wirksam möglich gestellt werden können.

Dies kurz zu den vorgesehenen Änderungen des Schriftformerfordernisses im Arbeitsrecht.

Schriftform – Aktuell gültige Regelungen

Nachfolgend vorweg zu den wesentlichen, aktuell gültigen gesetzlichen Formvorschriften im BGB:

Schriftform, § 126 BGB

Schriftform gemäß § 126 BGB sieht vor, dass die Erklärung schriftlich verfasst und eigenhändig mittels Namensunterschrift unterzeichnet werden muss. Ein Dokument, das den Kriterien der Schriftform entsprechen soll, erfordert regelmäßig eine persönliche handschriftliche Unterschrift.

Elektronische Form, § 126a BGB 

Ferner sieht das Gesetz in den dort bestimmten Fällen die Option der elektronischen Form mittels elektronischer Signatur vor. Hierbei differenziert das Gesetz zwischen 3 Varianten der elektronischen Signatur: 

  • der einfachen, 
  • der fortgeschrittenen sowie 
  • der qualifizierten elektronischen Signatur. 

Wesentlich und zu berücksichtigen ist, dass allein die qualifizierte elektronische Signatur den Anforderungen der elektronischen Form gemäß § 126a BGB entspricht. Die qualifizierte elektronische Signatur wird von einem autorisierten Anbieter unter Gebrauch eines elektronischen Zertifikats erstellt. Dieses Zertifikat wird von einer anerkannten Zertifizierungsinstanz ausgestellt und beinhaltet personenbezogene Angaben des Signaturinhabers. Die Rechtskraft erzeugende Wirkung der qualifizierten Signatur setzt voraus, dass der Signaturinhaber eindeutig identifiziert werden kann. Dies, um eine zuverlässige Zuordnung der Signatur zum entsprechenden „Unterzeichner“ zu gewährleisten. Zudem muss die Signatur gewährleisten, dass sie ausschließlich vom Inhaber der Signatur stammt.

Zu beachten ist weiter, dass das Erfordernis der qualifizierten elektronischen Signatur nicht in jeder rechtlichen Angelegenheit zwingend vorgeschrieben ist. Gemäß § 126 Abs. 3 BGB kann die herkömmliche Schriftform durch die elektronische Form ersetzt werden, solange das Gesetz nichts Gegenteiliges bestimmt.

Textform, § 126b BGB

Die Textform repräsentiert eine abgeschwächte Variante der Schriftform. Das Kriterium der Textform wird erfüllt, wenn die Erklärung als gut leserliches Textdokument auf einem beständigen Datenträger (wie beispielsweise E-Mail, SMS oder USB-Stick) festgehalten wird. Eine Unterschrift wird nicht verlangt, solange die Person des Ausstellers bezeichnet wird. Weiterhin bedarf es der klaren Kenntlichmachung des Abschlusses der betreffenden Erklärung.

Schriftform – Wesentliche Sachverhalte im Arbeitsrecht

1. Kündigung des Arbeitsverhältnisses 

Sämtliche Formen der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses, gleich ob 

  • von Arbeitgeber oder von Arbeitnehmer ausgesprochen, 
  • Beendigungskündigung oder Änderungskündigung, 
  • außerordentliche, fristlose oder ordentliche Kündigung, 

unterliegen gemäß § 623 BGB verpflichtend der Schriftform, § 126 BGB. Wird die Schriftform nicht gewahrt, ist eine Kündigung unwirksam. Die elektronische Form ist ausgeschlossen. Änderungen dieser gesetzlichen Regelung sind weder durch Vereinbarung zwischen den Arbeitsvertragsparteien – beispielsweise durch Regelung im Arbeitsvertrag – noch mittels Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag möglich.

Grundsätzlich bedarf die außerordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses keiner Begründung und keiner Angabe des Kündigungsgrundes. Dies nur auf entsprechendes Verlangen hin, § 626 Abs. 2 Satz 3 BGB. Verlangt der Gekündigte die Mitteilung des Kündigungsgrundes, ist ihm dieser vom Kündigenden unverzüglich schriftlich mitzuteilen. 

Auch eine Änderungskündigung bedarf der Einhaltung der Schriftform. Dieses Erfordernis erstreckt sich sowohl auf die Kündigung selbst als auch auf das begleitende Angebot zur Modifikation des Vertrags. Der Vorbehalt der Annahme der geänderten Bedingungen seitens des gekündigten Arbeitnehmers ist hingegen nicht formgebunden. Dieser kann also auch mündlich geäußert werden – aus Nachweisgründen empfehlen sich gleichwohl Schriftform oder Textform. Auch die Annahme des Angebots zur Vertragsänderung sowie die Zustimmung zu den neuen Konditionen unterliegen keiner speziellen Form. Sie können auch durch schlüssiges Verhalten, also konkludent, erfolgen. 

2. Aufhebungs- und Abwicklungsvertrag 

Das Gesetz fordert die Schriftform auch bei Aufhebungsverträgen. Das Schriftformerfordernis erstreckt sich gleichermaßen auf spätere Modifikationen oder Ergänzungen. Der Aufhebungsvertrag selbst verlangt die Unterzeichnung durch beide Vertragsparteien auf einem schriftlichen Dokument. Die elektronische Schriftform ist bei einem Aufhebungsvertrag ebenfalls ausgeschlossen. Mangels Einhaltung der gesetzlichen Schriftform wäre ein Aufhebungsvertrag unwirksam.

Im Gegensatz dazu ist der Abwicklungsvertrag nicht dem Schriftformerfordernis unterworfen. Der Abwicklungsvertrag beendet das bestehende Arbeitsverhältnis nicht, er regelt vielmehr lediglich die Modalitäten der Abwicklung eines bereits zuvor gekündigten Arbeitsverhältnisses. Gleichwohl ist zu berücksichtigen, dass, sofern einem Arbeitnehmer im Rahmen eines Abwicklungsvertrags nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses das Recht eingeräumt wird, das Arbeitsverhältnis innerhalb der Kündigungsfrist vorzeitig einseitig zu beenden, diese Erklärung dann wiederum schriftlich erfolgen muss, § 623 BGB. 

3. Nachweis der wesentlichen Arbeitsbedingungen 

Der Nachweis der wesentlichen Arbeitsbedingungen ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 des Nachweisgesetzes (NachwG) ausschließlich in schriftlicher Form zulässig. Hierbei obliegt es dem Arbeitgeber, die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich zu verfassen, das Niedergeschriebene zu unterzeichnen und diesen Nachweis dann dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Die Anwendung der elektronischen Form ist ausgeschlossen. Ungeachtet dessen unterliegt die Vereinbarung eines Arbeitsvertrags zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber selbst wiederum nicht der Schriftform. Ein Arbeitsvertrag kann zwischen den Vertragspartnern mithin mündlich, schriftlich als auch mittels konkludenten Verhaltens geschlossen werden.

Zu beachten ist jedoch, dass für den Fall der Befristung eines Arbeitsvertrags, gleich ob diese mit oder ohne Sachgrund erfolgen soll, eine Ausnahme besteht. Die Befristungsabrede, gemäß welcher ein Arbeitsvertrag befristet werden soll, unterliegt zwingend der Schriftform, § 14 Abs. 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG). Hierbei unterliegt nur die Befristungsabrede selbst der Schriftform, jedoch nicht der gesamte Vertrag. In der Regel wird die Befristungsabrede jedoch im Arbeitsvertrag ausformuliert.

4. Ausschlussfristen

Arbeitsverträge und Tarifverträge enthalten oft Regelungen zu Ausschlussfristen. Ausschlussfristen legen eine Zeitspanne fest, innerhalb welcher Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis zu deren Erhalt geltend gemacht werden müssen. Für Ausschlussfristen besteht keine zwingende gesetzliche Vorgabe zur Einhaltung der Schriftform. Insbesondere in arbeitsvertraglich vorgesehenen Ausschlussfristen kann seit einigen Jahren regelmäßig nur noch die Einhaltung der Textform verlangt werden. Ein Anspruch kann – abgesehen von Ausnahmefällen – demnach fristwahrend also beispielsweise per Telefax oder per E-Mail geltend gemacht werden.

5. Arbeitszeugnis

Das Schriftformerfordernis gilt auch für die Erstellung von Arbeitszeugnissen jeglicher Form (qualifiziertes Arbeitszeugnis, einfaches Arbeitszeugnis, Vorläufiges Zeugnis, Zwischenzeugnis), § 109 Gewerbeordnung (GewO). Demnach sind Arbeitszeugnisse in Form eines schriftlichen Dokuments zu erstellen und eigenhändig zu unterzeichnen. 

Die Schriftform dient dazu, die Authentizität und Verbindlichkeit von Zeugnissen sicherzustellen. Die Unterschrift des Arbeitgebers bestätigt die im Zeugnis enthaltenen Angaben und Beurteilungen des Arbeitnehmers. Des Weiteren stellt die Schriftform eine klare und nachweisbare Grundlage für mögliche rechtliche Auseinandersetzungen dar.

Fazit

Das Schriftformerfordernis im Arbeitsrecht erweist sich – bis zu einer möglicherweise bevorstehenden Änderung der gesetzlichen Vorschriften – noch als von zentraler Bedeutung. Formfehler können ernsthafte Folgen nach sich ziehen, beispielsweise die Unwirksamkeit von Kündigungen und von Aufhebungsverträgen. Sowohl Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern ist daher dringend zu empfehlen, entsprechende Erklärungen, welche nach der bisherigen gesetzlichen Regelung Schriftform erfordern, formgemäß abzugeben. 

Für weitergehende Informationen betreffend das Schriftformerfordernis, insbesondere bei der Abfassung von Kündigungen und Aufhebungsverträgen, stehen wir, die Rechtsanwälte Wagner + Gräf, Ihnen gerne zur Verfügung.

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